Ein Designklassiker neu befüllt

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Wieder mal hat ein lange währendes Projekt doch sein Ende erreicht. Nachdem ich meine Lautsprecher mit jeder Menge Endstufen vollgestopft hatte brauchte ich natürlich eine vernünftige Lösung zu deren Ansteuerung. Als ewiges Provisorium wurde hier eine digitale Lösung aufgebaut. Kern des Ganzen ist ein »MiniDSP 2 × 8«  – ein digitaler Signalprozessor mit zwei analogen Eingängen, acht analogen Ausgängen sowie über das »MiniDigi« mit zahlreichen digitale Eingängen. Der DSP arbeitet mit 96 kHz und 24 bit; über eine USB-Schnittstelle kann er bequem und »live« programmiert werden. Über diverse kleinere Anschlüsse kann eine (digitale) Lautstärkeregelung sowie eine Quellwahl vorgenommen werden.

Nachdem ich den DSP einige Zeit in einem relativ großen (43 cm breiten) CNC-gefrästen Alu-Gehäuse betrieben hatte (hier auch anfangs mit einer zweckentfremdeten LSQR2 zur Ansteuerung der Mini-DSP-Quell- und Lautstärkeregelung) sollte die »endgültige« Lösung etwas dezenter ausfallen. Zu diesem Zweck habe ich aus meiner zarten kleinen Sammlung von Designklassikern einen kompakten Stereoverstärker (CSV 250) von Braun ausgeweidet, wie ich finde eines der schönsten Braun-Hifi-Geräte überhaupt. Keine Angst, das Gerät war bereits defekt und ich habe noch einen weiteren der im Originalzustand verblieben ist. Das Gerät wurde 1966–1968 hergestellt. Damals einer der ersten wirklich durchgestalteten Hifi-Bausteine aus der Abteilung von Dieter Rams (keine sichtbaren Schrauben usw.). Es war auch das erste Gerät mit dem charakteristischen und über viele Jahre weiter verwendeten Drehknauf der einerseits klein, andererseits sowohl physiologisch als auch kognitiv sehr ergonomisch ist.

Der CSV 250 ist – wie die meisten hochwertigen Hifi-Produkte der damaligen Zeit – gebaut wie ein Panzer. Unter der Stahlblechabdeckung ist ein sehr stabiles Gestell als 2 mm starkem Stahlblech mit zahlreichen geschweißten Verstrebungen zu finden. Die Front bestehlt auch aus zwei Lagen: der inneren Stahlwand mit den montierten Bedienelementen und der »Vorhangfassade« aus tiefgezogenem und lackiertem Aluminium. Es hat mich allein mehrere Tage nicht-durchgängiger Arbeit gekostet, das Gerät wirklich leer zu räumen. Erschwerend kam hinzu dass die Platine des »MiniDSP 2 × 8« nicht wie im Datenblatt angegeben 250 mm breit, sondern tatsächlich 254 mm breit ist. Dies konnte ich nur kompensieren indem ich die jeweils 2 mm Stahlblech des inneren Gehäuserahmens mit einer kleinen Trennscheibe großzügig freigeschnitten habe. Was bei dem Zeitbudget welches mir momentan für solche Dinge zur Verfügung steht wieder einige Tage dauerte.

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Das innere Gehäuse/Gestell des Braun CSV 250 – leer geräumt bis auf die verbleibenden Potentiometer und Schalter.

Während der Nutzung des MiniDSP 2 × 8 im Probeaufbau ist aufgefallen dass die Platine einen gewaltigen Bug hat: beim Ausschalten erzeugt das Gerät einen mächtigen Plopp. Dieser ist so stark dass er die Lautsprecher gefährdet. Im Internet sind zahlreiche Berichte zu finden wonach die Platine auch erfolgreich zumindest einige Hochtöner zur Strecke brachte. Um das zu vermeiden und aber zugleich nicht in die eng bestückte Platine einzugreifen habe ich an den Ausgang eine zusätzliche Stummschaltung angebracht. Diese ist recht simpel aufgebaut: Ein direkt mit Netzstrom betriebenes Relais gibt wiederum die 12 V Betriebsspannung des Netzteils auf acht 12-V-Relais, die wiederum die Ausgänge des DSP freischalten. Wird das Gerät ausgeschalten (oder findet ein Stromausfall statt usw.) wird den Relais sofort die Spannung entzogen und die Ausgänge schalten stumm. Das genügt um die Lautsprecher vor dem Plopp des MiniDSP zu schützen da dieser mit der gepufferten Betriebsspannung noch mehrere Zehntelsekunden normal weiter läuft bevor er abschaltet.

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»MiniDSP 2 × 8« im Gehäuse des Braun CSV 250. Links unten die Schutzschaltung am Ausgang. Unten mittig (blau) das 230-V-Relais. Rechts oben unter dem Lochblech das Netzteil.

Die Bedienelemente des CSV 2500 habe ich so wie sie sind verwendet: Der Netzschalter ist weiter in Benutzung, der Quellwahlschalter steuert die Eingangswahl des »MiniDigi« an und das Lautstärkepoti steuert die Lautstärke des MiniDSP. Letzteres ist nicht ganz zufriedenstellen da die Charakteristik nicht den Bedürfnissen unserer Ohren entspricht. Andererseits kann man damit leben. Das kleine grüne, normalerweise durch eine Glühbirne hinterleuchtete  Fensterchen zur Betriebsstandsanzeige war leider durch laienhafte Reparatur des Vorbesitzers nicht mehr brauchbar. Ich habe das Ganze kurzerhand durch eine brüne 5-mm-LED ersetzt.

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So sieht das gute Stück jetzt von vorn aus. Die LED leuchtet etwas gleichmäßiger, geringfügig gelber und mit höherer Farbsättigung als das originale Wolframlämpchen mit dem grünen Filter. Ohne den direkten Vergleich ist das aber verschmerzbar. Vielleicht ist gerade das auch ein schöner Beweis dafür dass Dieter Rams damals seiner Zeit etwas voraus war, immerhin konnte er ja nicht wissen (Oder konnte er?) dass sich später LEDs zur Statusanzeige an elektronischen geräten durchsetzen würden.

Weitere Bilder vom Endresultat muss ich momentan noch schuldig bleiben; verraten kann ich dass ein passender HTPC in Arbeit ist. Dieser wird in das Gehäuse eines entrümpelten CE 250 kommen – das war der zum CEV 250 passende Radioempfänger.

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  1. | #1

    Da schwanke ich ja sehr zwischen “das muss ich nachmachen” und “was für ein Frevel”, aber gut geklungen hat der CSV 250 imho sowie so nie …. Aber das Design von Herrn Rams hat es rausgerissen…. Da würden sich auch ein paar hypex ncore module gut drin ausmachen :-)

    Viel Spass beim weiterbasteln….

    lg.

    Erich

  2. | #2

    Hallo, bin zufällig auf dieser Seite gelandet, da ich Infos zum CSV 250 hinsichtlich meiner Laien-Frage suche. Wir haben diesen Verstärker samt Tuner vom Schwiegervater bekommen, allerdings sind alle Birnchen durchgebrannt und beim Verstärker gibt es viele Schmauchspuren und “rostartige” Reaktionen auf umliegenden Metallteilen im Bereich der Fassung. Ersatzbirnen gibt es wohl noch, meine Frage ist: Kann ich die Birne einfach erneuern oder sollte ich lieber eine Birne mit weniger Volt benutzen oder gar nichts reparieren um einen Kurzschluss zu vermeiden? Habe selber leider überhaupt keine Ahnung von Elektronik, etc. , aber vielleicht kann ich einen guten Tip bekommen, wie so ein Gerät zu behandeln ist?
    Vielen Dank vorab und schöne Ostern!
    Tom

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